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Autofokus

Autofokus in der Praxis benutzen

Der folgende Text beruht auf meinen Erfahrungen. Ich fotografiere fast nur Motive, die sich nicht schnell bewegen. Nicht alle Kameras haben alle beschriebenen Möglichkeiten.

Auslösen des Autofokus auf eine eigene Taste legen

An meinen Kameras stelle ich ein, dass der Autofokus mit einer eigenen, nur zu diesem Zweck bestimmten Taste aktiviert wird, nicht mit dem Auslöser. In der Regel sind Kameras so eingestellt ("Werkseinstellung"), dass durch leichtes Drücken auf den Auslöser auch der Autofokus aktiviert wird. Für mich sind Scharfstellen und Auslösen Aufgaben, die ich nicht fest verknüpfen will.

Wird der Autofokus über eine andere Taste aktiviert, kann ich bei unbewegten Motiven diese loslassen, sobald das Motiv scharf eingestellt ist, mich auf die "Feinjustierung" des Bildausschnitts konzentrieren und auf den optimalen Auslöse-Zeitpunkt. Bei bewegten Motiven drücke ich ständig auf die Autofokus-Aktivierungstaste, lasse diese nicht los, während ich das Motiv verfolge und auslöse.

Abbildung: Taste für die Autofokus-Aktivierung zuweisen. Erstes Bild: An der Olympus OM-D E-M5 habe ich eingestellt, dass die Taste Fn1 den Autofokus aktiviert. Es ist eine weitere Menü-Einstellung erforderlich, damit der Auslöser nicht zusätzlich den Autofokus einschaltet. Zweites Bild: An der Nikon D300 habe ich eingestellt, dass nur die AF-ON-Taste den Autofokus aktiviert.

Auslöse- und Schärfepriorität

Bei der Schärfepriorität löst die Kamera erst aus, wenn der Autofokus meint, das Bild sei scharf gestellt. Bei der Auslösepriorität löst die Kamera immer aus.

Ich bevorzuge die Auslösepriorität. Bewegt sich das Motiv nicht, will ich, dass ich nach der Scharfeinstellung den Bildausschnitt leicht ändern kann, ohne den Auslöser halb durchgedrückt zu halten zum Speichern der Schärfe. Bewegt sich das Motiv, ist mir ein leicht unscharfes Bild eines interessanten Augenblicks lieber als gar keines.

Häufig kann die Priorität an den Kameras separat für Einzel- und kontinuierlichem Autofokus eingestellt werden. Ich benutze für beide Modi die Auslösepriorität.

Abbildung: Einstellung Auslösepriorität. Hier ist an der Nikon D300 Auslösepriorität für kontinuierlichen Autofokus (AF-C) eingestellt. Für Einzelautofokus habe ich diese ebenfalls eingestellt.

Einzelautofokus und kontinuierlicher Autofokus

Die Kamera stellt beim Einzelautofokus nicht weiter scharf, sobald sie erstmalig eine Schärfe ermittelt hat, wenn die Autofokus-Aktivierungstaste weiterhin durchgedrückt ist und die Motivstelle unter dem Messfeld nicht mehr scharf ist. Für eine erneute Messung ist die Autofokus-Aktivierungstaste loszulassen und noch einmal durchzudrücken. Beim kontinuierlichen Autofokus prüft die Kamera fortlaufend die Schärfe und stellt diese bei Bedarf erneut ein, solange die Autofokus-Aktivierungstaste gedrückt ist.

Bei bewegten Motiven ist der kontinuierliche Autofokus erforderlich – das Motiv kann ständig seine Entfernung ändern – bei unbewegten kann ich eine der beiden Arten wählen.

Ich stelle in der Regel auch bei unbewegten Motiven den kontinuierlichen Autofokus ein. Ist die Schärfe gefunden, lasse ich die Autofokus-Aktivierungstaste los. So erspare ich mir das Umschalten zwischen den beiden Modi. Das geht nur ohne Probleme, falls der Autofokus nicht durch die Auslösetaste (erneut) aktiviert wird, sondern durch eine andere. Auslösen muss ich schließlich immer, ob über den Knopf an der Kamera oder über den Kabelauslöser, spielt keine Rolle (Aktiviert der Kamera-Auslöser den Autofokus, so auch der Kabelauslöser).

An den Autofokusobjektiven meiner Nikon D300 kann ich trotz Autofokus am Objektiv die Schärfe von Hand einstellen. Ich erspare mir so, an der Kamera den manuellen Fokus einzustellen, falls der Autofokus keine Schärfe findet oder ich die Schärfe von Hand einstellen will, beispielsweise bei Nahaufnahmen (Makroaufnahmen). Da ich mit Auslösepriorität fotografiere, brauche ich keinen anderen Modus als den kontinuierlichen Autofokus. An der Olympus OM-D E-M5 lässt sich diese Option an der Kamera einstellen (S-AF MF, nicht mit kontinuierlichen Autofokus).

Abbildung: Einzelautofokus und kontinuierlicher Autofokus. Das erste Bild zeigt den Schalter an der Nikon D300, mit dem ich Einzelautofokus (S für "Single") und Dauerautofokus (C für "Continuous") einstellen kann. Mit M ("Manuell") wird der Autofokus ausgeschaltet. Das zweite Bild zeigt diese Einstellungen am LC-Display der Olympus OM-D E-M5.

Auswahl und Anzahl der Autofokus-Messfelder

Bei geringen Entfernungen und großen Blenden (2,8, 2, 1,4) ist wichtig, dass nach Scharfstellen der Bildausschnitt wenig bis nicht verändert wird. Die Abbildung unten erklärt das. Deshalb stelle ich erst den Bildausschnitt ein und wähle dann ein Autofokusmessfeld aus, das über einer Motivstelle liegt, auf die der Autofokus scharfstellen soll. Will ich auf den Bildrand scharfstellen und dort ist kein Messfeld, benutze ich ein Messfeld, das der Stelle am nähesten ist und verschwenke die Kamera temporär für die Messung oder stelle die Schärfe manuell ein. Ist das Motiv weiter entfernt, klein abgebildet und die Blende klein (8, 11, 16), spielt das keine Rolle.

Abbildung: Bildausschnitt geändert nach Scharfstellen. Die waagrechte gestrichelte Linie ist die korrekte Entfernung, die einzustellen ist. Neige ich die Kamera nach oben (unten, rechts, links), stellt der Autofokus eine größere Entfernung ein. Fotografiere ich ein Gesicht aus 1 Meter Entfernung zu den Augen mit der Nikon D300 (APS-C) durch das 50 mm-Objektiv bei Blende 1,4 und schwenke die Kamera auf die Augen, die 20 cm weiter sind im Gesicht als jene Stelle, die unter dem aktiven Messfeld liegt, damit es ein Auge überdeckt, stellt der Autofokus 1,02 Meter ein statt 1 Meter (Pythagoras). Neige ich anschließend die Kamera wieder nach unten, benötige ich eine Schärfentiefe, die bei 1 Meter beginnt. Der Schärfentieferechner liefert, dass die Schärfe bei Einstellung auf 1,02 Meter von 1,01 bis 1,03 Meter geht (2 cm). Damit sind die Augen in 1 Meter Entfernung auf dem Bild unscharf.

Es ist von Vorteil, wenn die Kamera viele Autofokus-Messfelder hat, diese dicht nebeneinander liegen und möglichst das ganze Bildfeld abdecken. Die Nikon D300 hat 51 Messfelder, deren Lage und Größe nicht modifiziert werden kann, das ist beim Phasenvergleich-Autofokus nicht möglich. Bei der Kontrastmessung lassen sich Messfeldanzahl und -Größe durch die Kamera-Firmware mehr oder weniger beliebig variieren.

Ich ändere die Lage des Messfelds über Tasten oder tippe ich am LC-Display (Touch-Screen) der Olympus OM-D E-M5 auf die Motivstelle, auf die scharfgestellt werden soll. Die Kamera wählt das passende Messfeld aus und stellt über dieses scharf.

Außer der Lage der Autofokusmessfelder ist auch deren Größe veränderlich. Bei der Olympus OM-D E-M5 (Kontrastmessung) lässt sich ein Messfeld von klein auf ziemlich groß einstellen (bis 14×) über das Touch-LCD. Bei Phasenvergleich-Autofokuskameras lassen sich mehrere Messfelder zusammenschalten, was ähnlich ist (das können auch Kameras mit Kontrastmessung).

Als Faustregel gilt, das Autofokusmessfeld sollte kleiner sein als die angemessene Motivstelle. Liegt mehr darin, ist nicht zuverlässig vorhersagbar, auf was der Autofokus scharfstellt. Ich wähle meist das kleinste Messfeld. Bei bewegten Motiven ist es manchmal von Vorteil, mehrere Messfelder zusammenzuschalten, da ein Motiv wahrscheinlicher von einer größeren Fläche überdeckt wird als von einer kleineren. Aktiviere ich alle Messfelder, wählt die Kamera das Messfeld, auf das sie scharfstellt, automatisch aus. Sie könnte auch einen Mittelwert aus allen Messwerten berechnen. Das will ich nicht, es ist mir zu unsicher.

Abbildung: Tasten zur Steuerung des Autofokus an der Nikon D300. (1) aktiviert den Autofokus. Mit (2) stelle ich die indirekt die Lage / den Ort des Messfelds im Sucher ein (direkt, welches der 51 Messfelder benutzt wird). Die untere Stellung des Hebels (3) aktiviert genau ein Messfeld, die mittlere fasst mehrere Messfelder zusammen. Hier habe ich eingestellt, dass 9 Felder benutzt werden. Bewegt sich das Motiv von einem dieser 9 Felder in ein anders, erkennt der Autofokus das und passt die Entfernungseinstellung an. Die obere Einstellung benutze ich nicht, da die Kamera unvorhersagbar automatisch ein Messfeld auswählt aus allen 51 Messfeldern.

Abbildung: Tasten zur Steuerung des Autofokus an der Olympus OM-D E-M5. Mit Fn1 (1) aktiviere ich den Autofokus. Mit den Pfeiltasten (2) kann ich das Autofokus-Messfeld verschieben. Einfacher geht das durch Tippen auf das LC-Display: Wohin ich tippe, bewegt sich das Messfeld und die Kamera stellt darauf scharf.

Abbildung: Autofokusmessfelder visualisiert im LC-Display der Nikon D300. Hier sind die 51 Autofokus-Messfelder zu sehen, die um die Mitte des Suchers angeordnet sind. Das größere schwarze Quadrat zeigt die Lage des aktiven Autofokus-Messfelds.

Abbildung: Auswahl des Autofokus-Messfelds (grünes Rechteck) an der Olympus OM-D E-M5 über das Touch-LC-Display. Im ersten Bild liegt das Autofokus-Messfeld über der näheren linken Vase, im zweiten über der weiter entfernten rechten.

Abbildung: Messfeld für den Autofokus in der Live View der Nikon D300 (Modus "Stativ" – Kontrastmessung-Autofokus). Das Fokusmessfeld (grüner Rahmen) kann beliebig im Bild platziert werden bis in alle vier Ecken im Gegensatz zu den 51 Sensoren der Phasenvergleich-Messung.

Schärfenkontrolle über das LC-Display vor der Aufnahme (Lupe)

In der Live View der Nikon D300 kann vor der Aufnahme das Bild vergrößert werden. So erkenne ich recht gut eine falsche Entfernungseinstellung und kann sie manuell korrigieren oder eine neue Autofokus-Messung durchführen. Das ist praktischer und zeitsparender als die spätere Kontrolle des fotografierten Bilds auf dem LC-Display.

Bei der Olympus OM-D E-M5 habe ich diese Funktion auf die Taste Fn2 gelegt.

Bei beiden Kameras wird das Bild um den Mittelpunkt des Fokusmessfelds vergrößert, bei der Olympus OM-D E-M5 bis zu 14×, bei der Nikon D300 bis zu 13×. Der Bildausschnitt wird auf dem gesamten LC-Display angezeigt, zusätzlich die Lage und relative Größe des Ausschnitts bezüglich des gesamten Bilds. Der Ausschnitt lässt sich anschließend verschieben. So kann ich die Schärfe an verschiedenen Motivstellen beurteilen.

Die Lupe benutze ich, falls ich nicht sicher bin, dass das Messfeld zu 100 % die richtige Stelle erfasst, beispielsweise weil Details im Vorder- und Hintergrund sind, die das Messfeld auch erfassen könnte.

Bei Objektiven ohne Autofokus benutze ich die Lupe "Lupe" ständig, außer ich weiß, dass ich "Unendlich" einstellen kann. Hat das Objektiv keine automatische Springblende – die Blende ist immer offen und springt vor der Aufnahme auf den eingestellten Wert –, blende ich es für die Lupe maximal auf, z.B. auf 2,8, 2 oder 1,4.

Abbildung: Vergrößerung des Sucherbilds (Lupe) in der Olympus OM-D E-M5 (oben) und der Nikon D300 (unten). Oben ist zu sehen, dass das der Bildausschnitt 14-fach vergrößert ist (1). Der weiße Rahmen in (2) zeigt an, wo der vergrößerte Ausschnitt liegt und wie groß er ist im Verhältnis zum Bild. Unten ist ebenfalls die Lage und relative Größe zu erkennen. In beiden Fällen hat der Autofokus die Entfernung korrekt eingestellt.

Zusammenfassung

Elmar Baumann, 08.11.2014.

Letzte Bearbeitung: 25.05.2015.