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Belichtung

Belichtung: Zusammenfassung und Praxis

In diesem Artikel beschreibe ich, wie ich mit Digitalkameras belichte und zusammenfassend die Gründe dafür. Seit Mitte 2005 benutze ich keine Filme mehr; außer für spezielle Anwendungsgebiete dürften diese allenfalls für Liebhaber interessant sein. Ich fotografiere ausschließlich im RAW-Format, dieser Artikel setzt das voraus.

Helligkeitsunterschiede, die der Sensor aufzeichnen kann

Nach meinen Tests können Sensoren Helligkeitsunterschiede von 10 bis 11 Lichtwerten (Blenden) ausreichend differenziert aufzeichnen. Das ist ein Kontrast von 1:(210-1) bis 1:(211-1) bzw. 1:1023 bis 1:2047. Helleres wird undifferenziert Weiß, dunkleres Schwarz, dort ist nichts mehr vom Motiv zu erkennen. Aktuelle und zukünftige Sensoren können vielleicht einen größeren Helligkeitskontrast aufzeichnen.

Belichtung anhand der Helligkeitsunterschiede im Motiv

Die Helligkeitsunterschiede im Motiv, der Motivkontrast, bestimmt maßgeblich, wie ich belichte. Kann der Sensor alle Helligkeitsunterschiede aufzeichnen, ist die richtige Belichtung weniger kompliziert.

In der Regel messe ich per in die Kamera integrierten Spotbelichtungsmesser, was ich für das Wichtigste im Motiv halte, was auf jeden Fall detailliert aufgezeichnet werden soll. Im späteren Bild erscheint diese Stelle "mittelhell". Außerdem ist somit festgelegt, welche dunkleren Stellen der Sensor differenziert aufzeichnet (etwa 7 Lichtwerte weniger) und welche helleren (2 bis 3 Lichtwerte mehr). Ab etwa 4 Lichtwerten weniger ist recht viel Rauschen im Bild.

Hat die angemessene Stelle eine helle Farbe, verdoppele ich die Verschlusszeit gegenüber dem Messwert. Ist das Bild fotografiert und die Spitzlichteranzeige im LCD der Kamera blinkt nicht, ist alles in Ordnung; vielleicht fotografiere ich anschließend noch ein Bild mit doppelter Verschlusszeit, dann ist weniger Rauschen im Bild. Das Bild mag auf dem LCD zu hell aussehen, im RAW-Konverter kann ich es korrigieren und habe so ein rauschärmeres Bild, das insbesondere die dunklen Bildstellen besser wiedergibt. Dieses Vorgehen wird als "Expose to the Right" bezeichnet. Blinkt die Spitzlichteranzeige an Stellen, die im Bild weiß sein dürfen, brauche ich die Belichtung nicht verringern, andernfalls halbiere ich die Verschlusszeit – eine noch knappere Belichtung kommt aufgrund des Rauschens nicht infrage, ich gehe dann vor, wie im folgenden beschrieben.

Manchmal ist der Motivkontrast so groß, dass ich absehen kann, es wird im Bild weiße und/oder schwarze Stellen geben. Häufig ist mir das recht, insbesondere Schatten wirken häufig interessant. Will ich jedoch, dass bei sehr hohem Motivkontrast im gleichen Bild helle und dunkle Stellen mit guter Zeichnung zu erkennen sind, fotografiere ich eine Belichtungsreihe, füge diese zusammen zu einem HDRI und berechne daraus das Bild. Wie das geht, steht im Artikel "HDRI aus unterschiedlich belichteten Bildern". Ist das Dunkle nicht weiter weg als einige Meter, helle ich es manchmal mit Blitzlicht auf, Blende und Verschlusszeit sind so eingestellt, dass der helle Hintergrund erscheint, wie ich das wünsche.

Folgendes habe ich noch nicht praktiziert, aber es erscheint mir sinnvoll: Ich fotografiere alles als Belichtungsreihe mit drei Bildern. Nach wie vor messe ich das Wichtigste per Spotmessung und stelle danach die Belichtung ein. Die Belichtungsreihe liefert zwei weitere Bilder: Eines mit 1 bis 1,5 Lichtwerten mehr, eines mit 1 bis 1,5 Lichtwerten weniger. Im RAW-Konverter entscheide ich, welches ich nehme, es wird jenes sein, bei dem die Belichtung maximal ist ohne dass wichtige Bereiche weiß erscheinen: Dieses Bild hat das geringste Rauschen.

Präsentation

Wie der Sensor haben Bilddarstellungsmaterialien/-Medien – Papier und Bildschirm – einen maximalen Helligkeitsumfang. Dieser ist wesentlich geringer als der des Sensors, bei Papier vielleicht 1:100 (die hellste Stelle ist 100 mal heller als die dunkelste) bis 1:200, bei guten Bildschirmen um 1:1000. Somit ist der größere Kontrast der RAW-Datei herunterzurechnen.

Dabei ist zu berücksichtigen, wie Papier oder Bildschirm Helligkeitsunterschiede darstellen, beispielsweise, ob sie die doppelte Helligkeit auch doppelt so hell wiedergeben und wie wir diese wahrnehmen. Auf Details gehe ich hier nicht ein, ich verweise exemplarisch auf die Gammakorrektur, ohne die uns RAW-Dateien auf dem Bildschirm ziemlich flau erschienen.

Bildbearbeitungsprogramme, insbesondere im Zusammenhang mit dem größeren Kontrastumfang des Sensors oder von HDRIs, ermöglichen mir, Lichter und Schatten so umzurechnen, wie ich es will. Ich kann das Bild sehr kontrastreich erscheinen lassen und/oder dunkle Stellen so, als wären sie heller (aufgehellt), unabhängig davon, wie sie in Wirklichkeit waren und wie sie der Sensor aufzeichnete. Überließe ich dies einer Automatik, sähe das Bild unter Umständen künstlich ("unnatürlich") aus, Beispiele dafür finden sich etliche im Web, meist als sogenannte HDRIs, deren Quelle HDRIs sind, die aber via tone mapping ungünstig umgerechnete LDRIs sind. Das ist allerdings meine Empfindung, es gilt: Sie – der Betrachter – bestimmen, was gefällt.

Fazit

Will ich "richtig" belichten, muss ich sehr viel wissen, der Umfang dieser Artikelserie lässt das erahnen. Durch häufige Praxis läuft das meiste unbewusst ab, das wesentliche habe ich in diesem Artikel zusammengefasst: RAW-Format benutzen, mit der Spot-Belichtungsmessung das Wichtigste messen, danach Blende und Verschlusszeit einstellen, Spitzlichteranzeige im Auge behalten und gegebenfalls Belichtung korrigieren, Expose to the Right oder generell Belichtungsreihen erwägen, ist der Kontrast zu groß, eine Belichtungsreihe für ein HDRI fotografieren.

Elmar Baumann, 13.06.2012.

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